Projekttitel:
Kooperative Erarbeitung eines lösungs- und praxisorientierten Handlungskonzepts zur Sicherung und Etablierung der Streuobstbestände in Brandenburg unter den Bedingungen des Klimawandels.
Projektlaufzeit:
01.11.2022 bis 31.12.2024
Projektpartner:
DeFAF – Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft
Triebwerk Regenerative Land- und Agroforstwirtschaft UG
Kerngehäuse e.V., Niederlausitzer Heidelandschaft
Ralf Behring - Der Behringhof
Seit den 1980er Jahren wurden in Brandenburg keine nennenswerten neuen Streuobstwiesen mehr angelegt. Die heutige Nutzung und extensive Bewirtschaftung der Obstflächen ist unter den aktuellen Marktbedingungen ökonomisch kaum sinnvoll. Der rasant voranschreitende Klimawandel erhöht den Druck. Phänomene wie Dürre, Spätfrost, Krankheiten und Schädlingsbefall werden zunehmend zum Problem und schmälern die Ernten zunehmend. Die Anlage und Pflege von Streuobstwiesen ist zeit- und ressourcenintensiv und unserer Ansicht nach ohne entsprechende finanzielle Förderung, Weiterbildungsangebote, fachliche Beratung und angepasste Standards in der Pflege nicht nachhaltig zu gewährleisten.
Das Projekt soll Antworten auf die folgenden drei Fragenkomplexe finden:
Gegenwärtige Streuobstkonzepte in Brandenburg (Traditionelle Streuobstwiese nach §30 Abs. 7 BNatSchG und Obstbaumalleen) sind ökonomisch nicht tragfähig und können nur mit entsprechender Förderung angelegt, gepflegt und bewirtschaftet werden. Gleichzeitig ist der Hochstammobstbau, wie kaum eine andere Landnutzungsform geeignet, einen signifikanten Beitrag zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel und zum Erhalt der Biodiversität zu leisten. Um diese Vorteile zu nutzen und eine Erhöhung der Bestandszahlen, sowohl in Bezug auf die Anzahl vorhandener Strukturelemente in der Agrarlandschaft als auch ihre breite räumliche Verteilung, zu erreichen, bedarf es einer Anpassung und Modernisierung des gegenwärtigen Umgangs mit Streuobst in Brandenburg. Zentrale Aspekte sind dabei die Wirtschaftlichkeit und Nutzbarkeit im landwirtschaftlichen Betrieb.
In diesem 2-jährigen ELER-finanzierten Projekt wurde neben einem umfassenden Handlungskonzept auch ein Bildungskonzept erarbeitet. Beide Konzepte ergänzen sich und haben die Sicherung und Etablierung der Streuobstwiesen in Brandenburg zum Ziel.
Dem Handlungskonzept liegt eine systemische Analyse der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Situation der Streuobstwiesen in Brandenburg zugrunde. Für diese Analyse wurde ein Methodenmix aus Literaturanalyse und Expert:innenbefragung angewandt. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden anhand des „DPSIR-Ansatzes“ strukturiert und analysiert. Der DPSIR-Ansatz ist eine Form der Systemanalyse und kann herangezogen werden, um Ursachen und Konsequenzen von Umweltproblemen zu beschreiben.
Den Kern der erarbeiteten Empfehlungen zur Sicherung und Etablierung der Streuobstwiesen in Brandenburg bilden vier Streuobst-Managementsysteme (anklicken zum Vergrößern):
Im Rahmen der Erstellung dieses Leitfadens stellte sich zunehmend die Frage, inwiefern abgewandelte Bewirtschaftungskonzepte in der Lage sein können, ähnliche Ökosystemleistungen wie Streuobstwiesen zu erbringen und die Produktion und damit die langfristige Erhaltung gehölzbasierter Landnutzungsformen durch die Landbewirtschaftenden zu ermöglichen. Bezüglich potenzieller Bewirtschaftungssysteme gaben die interviewten Expert:innen Empfehlungen ab, die einen wichtigen Anstoß für diese Weiterentwicklung gaben. Auf dieser Grundlage wurden 4 Bewirtschaftungskonzepte entwickelt, diskutiert und Überlegungen zur nachhaltigen Gestaltung von Streuobstwiesen angestellt. Diese sind: “A” Traditionelle naturschutzorientierte Streuobstwiese, “B” Wirtschaftlich optimierter Streuobstanbau, “C” Extensiver Obstbau als Dauerkultur und “D” Fruchtbasierte Agroforstsysteme, die unterschiedliche Zielstellungen, Bedürfnisse, Rahmenbedingungen und Akteure adressieren.
Aufbauend auf diesen Systemen werden im Handlungskonzept Empfehlungen in vier Kernbereichen gegeben:
Im Rahmen der notwendigen Anpassungen des traditionellen Konzeptes Streuobstwiese an den Klimawandel gibt es erfolgversprechende Strategien, die vielfältige Lösungsansätze bieten. Diese reichen von grundsätzlichen Fragestellungen der Planung und Gestaltung, der stärkeren Differenzierung von Obstsorten und Baumarten und der Bewirtschaftungsintensität bis zu fachlich und standortabhängig differenziert zu betrachtenden Maßnahmen wie Bewässerung, Pflege, Schnittsystem, etc. Alle Planungen und Maßnahmen sind hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Klimas resilient zu gestalten, um den langfristigen Erfolg sicherzustellen. Der Schutz und die Pflege der verbliebenen Bestände in Brandenburg haben höchste Priorität.
Für die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen bedarf es Anpassungen der Förderinstrumente und Regelwerke. Diesen Empfehlungen liegt zugrunde, mehr Flexibilität in der Bewirtschaftung und in der Neuanlage zu ermöglichen (u.a. hinsichtlich Gehölzarten, Pflanzmethoden, Pflanzsysteme). Auch der Zugang bzw. die Beantragung von Fördermitteln muss erleichtert und deutlich transparenter gestaltet werden.
Regional- und standortspezifische Anforderungen und Erfahrungen stehen im Fokus des Handlungskonzeptes. Es fasst die Empfehlungen der konsultierten Expert:innen und Bewirtschafter:innen zusammen mit dem Anspruch, vorhandenes und neues Wissen zu bündeln und zu teilen. Die Erfahrungen lassen sich zu großen Teilen auch auf andere Regionen übertragen.
Ausgewählte Aspekte aus den gewonnen Erkenntnissen sind auch in die Entwicklung eines Weiterbildungsformates für Brandenburger Streuobstakteur:innen (“Streuobst im Klimawandel - Innovative und traditionelle Strategien für die Klimaanpassung”) geflossen, in denen die Themen Klimawandel, Bodenfruchtbarkeit, Wassermanagement sowie ökologische Wechselwirkungen tiefgreifender behandelt werden, als in bisherigen Angeboten.
Wir brauchen eine insgesamt resilientere Land(wirt)schaft und die im Handlungskonzept „Perspektiven Streuobst“ vorgestellten Ansätze und Bewirtschaftungskonzepte können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.