Veröffentlicht: 31. Januar 2024
von: Nadine Sauerzapfe
Es gackert und summt auf der Streuobstwiese
Um die Wertschöpfung in Streuobstsystemen zu verbessern, gibt es verschiedene zusätzliche Nutzungsformen mit denen man den Streuobstanbau kombinieren kann. Die Streuobstwiese bzw. der Streuobstacker ist ein traditionelles Agroforstsystem, bei dem die Kultivierung hochstämmiger Obstbäume charakteristisch ist. Wird die Haltung von Nutztieren mit Gehölzen (z.B. Obstbäume) auf einer Fläche miteinander kombiniert, handelt es sich um ein silvopastorales Agroforstsystem. Es ist die weltweit am weitesten verbreitete Form der Agroforstwirtschaft. Von einem silvoarablen System hingegen spricht man, wenn Bäume it Ackerkulturen kombiniert werden. In der Streuobstpraxis spricht man meist von einer Unternutzung, wenn man die Nutzung der Flächen unterhalb der Bäume beschreibt.
Mit dem nachfolgenden Artikel beginnen wir eine mehrteilige Serie, die sich mit diesen zusätzlichen Nutzungsformen beschäftigt. Wir wollen aufzeigen wie die Wertschöpfung in Streuobstsystemen verbessert werden kann. Im ersten Teil haben wir uns mit der Haltung von Hühnern und Bienen auf der Streuobstwiese auseinander gesetzt. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich und was sollte beachtet werden? Im Interview berichtet uns Imker André Krugmann von seinen Erfahrungen und gibt uns wertvolle Einblicke in die Arbeit mit seinen Tieren. Seine Bienenvölker stehen u.a. auf der BUND Streuobstwiese in Stahnsdorf.
Die wohl leckersten Hühnereier der Welt legen die angeblich glücklichsten Hühner der Welt und die findet man auf heimischen Streuobstwiesen (nach eigener Einschätzung vieler Bewirtschafter:innen). Die Hühner dürfen auf den Wiesen scharren, Insekten und Grünfutter picken, den Schatten unter den Bäumen genießen und sich frei bewegen. Zunehmend beliebter wird hierbei die mobile Hühnerhaltung. In einem für die Haltung von Hühnern umgebauten Bauwagen (o.ä.) können die Hühner in bestimmten Abständen auf andere Flächen umgezogen werden. So bekommen sie stets ein neues Futterangebot und eine Überbeanspruchung der Flächen durch das Scharren und Picken des Geflügeltiers wird vermieden. Diese Haltungsform ist die kostenintensivste Form, da zum Umziehen des mobilen Hühnerstalls meist großes Gerät notwendig ist. Zudem sollten die jungen Bäume durch das Anbringen von Verbißschutz vor dem starken Scharren der Hühner geschützt werden. Sie tun dies mit Vorliebe im lockeren Kompost bei neu gepflanzten Bäumen, sie buddeln die Wurzeln aus oder verletzen sie, was zu vermehrtem Stockaustrieb führen kann. Die Qualität der Hühnereier und des Geflügelfleisches ist sehr hochwertig, da Streuobstwiesen ohne chemische Düngung und Pestizide auskommen und der bereits beschriebene regelmäßige Standortwechsel ein immer frisches und abwechslungsreiches Futterangebot für die Tiere bietet.
Die Streuobstflächen profitieren besonders von den geflügelten Nutztieren, da sie die Larven von Schädlingen, wie z.B. der Kirschessigfliege und der Wallnussfruchtfliege aufpicken und so einem Befall der Bäume mit den Schädlingen vorbeugen. Das bestätigte uns auch eine Naturschützerin, die sich besonders mit Schädlingen in Streuobstsystemen beschäftigt. Sie sagt: „[...] Betriebe, die so eine Gemeinschaftsnutzung von Hühnern und Obst machen, haben mit vielen Schaderregern gar keine Probleme.“ Besonders wirkungsvoll ist die Haltung von Hühnern bei der Bekämpfung des Apfelwicklers. Da der Apfel nach wie vor die wichtigste Streuobstkultur darstellt, steigert die Haltung von Hühnern die Wirtschaftlichkeit enorm. Der Apfelwickler, die klassische Made im Apfel, ist ein Hauptproblem, besonders wenn versucht wird Tafeläpfel auf Streuobstwiesen zu erzeugen. Alternativ müssten Pheromon Dispenser zur Bekämpfung eingesetzt werden, was mit zusätzlichen Kosten und Arbeitsaufwand verbunden ist.
Die Nachfrage nach regional erzeugten Bio-Eiern steigt stetig und auch der Verkauf von Fleisch ist als Einnahmequelle nicht außer Acht zu lassen. Neben Hühnern eignen sich auch Gänse für die Beweidung von Streuobstwiesen, da sie sehr robust und witterungsbeständig sind und als gute Grasverwerter gelten. Auch hier ist darauf zu, dass zumindest Jungbäume mit einem Verbißschutz versehen werden. Die große Nachfrage nach biologisch erzeugten Weihnachtsgänsen kann den Aufwand jedoch rechtfertigen.
Ein besonderes Augenmerk werfen wir nun noch auf die Bienen, die kleinsten Nutztiere auf der Streuobstwiese. Im Interview berichtete uns Imker André Krugmann (http://www.imkereiprobstheide.de) von seinen Erfahrungen. Andrés Bienenvölker stehen u.a. auf der BUND Streuobstwiese in Stahnsdorf.
Ä&K: Wie viele Bienenvölker stehen auf dieser Streuobstwiese und wie lange?
AK: Die Anzahl schwankt im Laufe des Jahres und ist abhängig von der Witterung, dem Nektarangebot und den jahreszeitlichen Arbeiten an den Bienen. Die Spanne reicht von 10 – 30 Völker und sie stehen das ganze Jahr auf der Streuobstwiese.
Ä&K: Und wie hoch sind deine jährlichen Erträge?
AK: Die Erträge sind witterungs- und standortabhängig, aber auf der Streuobstwiese Stahnsdorf können grundsätzlich Frühlingsblüte, Robinie und Sommerblüte geerntet werden. Mein Wunsch ist, dass die Frühlingsblüte aus Nektar von den Obstbäumen auf der Wiese besteht. Haben wir aber ein kaltes Frühjahr, kann es aufgrund von u.a. Frostschäden dazu kommen, dass wir keine Frühlingsblüte ernten können. Auch die Robinie verfriert an diesem Standort gelegentlich. In Jahren in denen die Streuobstwiese von Rapsfeldern umgeben ist, kann die Ernte aber auch sehr umfangreich sein. Das jährliche Mittel liegt bei Erträgen von 30kg pro Bienenvolk.
Ä&K: Welche weiteren Vorteile, außer der Bestäubung und dem Honig bringen die Bienen der Streuobstwiese?
AK: Was immer wieder unterschätzt wird, ist die Menge an Biomasse, die ein Bienenvolk erzeugt. Ich habe extra mal recherchiert und hier eine sehr gute Darstellung gefunden zu Biomasse und Wertschöpfung. 1)
Ein Drittel der menschlichen Nahrung hängt direkt oder indirekt von der Bestäubung durch Insekten ab. Mehr als 70% der weltweit wichtigen Kulturpflanzen profitieren von Insektenbestäubung. Eine Steigerung der Fruchtmenge durch Insektenbestäubung von über 40% wurde unter anderem bei Stein- und Kernobstarten nachgewiesen. (https://www.heiserimkerei.de/imkerei/bestaeubung.html)
Ä&K: Gibt es auch spezifische Vorteile für die Bienen, wenn sie auf oder nahe einer Streuobstwiese stehen?
AK: Die Streuobstwiese in Stahnsdorf ist ein sehr vielfältiger Lebensraum. Neben den Obstbäumen gibt es Zonen mit Sträuchern und Büschen, teilweise auch waldartige Zonen. Das schafft ein ausgeglichenes Mikroklima. Die Biene ist ja eigentlich ein Waldtier. Im Laufe des Tages ist das Bienenvolk sowohl Sonne wie Schatten ausgesetzt. Diese Lage verhindert starke Temperaturschwankungen, was der natürlichen Lebensweise der Bienen entspricht. Die Vielfalt der vorhandenen Pflanzen neben den Obstbäumen schafft für die Bienen ein abwechslungsreiches Nektar- und Pollenangebot und somit eine breite Nahrungsgrundlage. So bietet der an den alten Bäumen wachsende und erst spät im Jahr blühende Efeu eine Nahrungsquelle für den Winter. Und auf der Streuobstwiese werden natürlich auch keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt.
(Interview Ende)
Ihr habt Erfahrungen gesammelt mit der Haltung von Bienen oder Hühnern auf der Streuobstwiese und habt Ideen oder Anmerkungen die ihr gern mit uns teilen wollt? Dann schreibt uns eine E-Mail an nadine@aepfelundkonsorten.org. Wir freuen uns auf euer Feedback!
In den kommenden Newsletter-Ausgaben erwarten euch zu diesem Thema noch:
- Rinder und Schafe auf der Streuobstwiese
- Anbau von Fruchtgehölzen
- Pilzanbau und Pilzgehölze
Quellen
https://www.hochstamm-deutschland.de/.../Streuobst-Kompendium%20Agroforst%20%26%20Streuobst.pdf
https://agroforst-info.de/arten/
http://www.streuobst-seiffert.de/seite/495979/hühner.html
https://www.lfl.bayern.de/.../unternutzung-streuobstwiesenst__ckl.pdf
http://www.imkereiprobstheide.de
https://www.heiserimkerei.de/imkerei/bestaeubung.html